Bentwisch (und ganz Mecklenburg-Vorpommern)

im Jahre 1953 von oben!

Faszinierend! Mit etwas Geduld und Zeit können Sie sich hier ein Bild davon machen, wie es bei uns kurz nach dem Krieg aussah - vor siebenundsechzig Jahren. Einfach Ortsnamen eingeben. Außerdem kann man dort die Liegenschaftsgrenzen abrufen.

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Dienstag, 29. Oktober 2019

Wem nützt es?


Neu sind die Gedanken zur Zukunft von Bentwisch nicht, die Herr Peithmann in der Sitzung des Bauausschusses vom 2. Oktober vor uns ausbreitete. Von einem amtsfreien Groß-Bentwisch mit hauptamt-
licher Bürgermeisterin war auch schon zu Zeiten von Frau Strübing mehrfach die Rede.
Ich fühlte mich auf merkwürdige Weise an die Bauausschusssitzung vom 8. August 2018 erinnert, in der Herr Peithmann der Gemeinde den Kauf des Grundstücks der alten Frohnerei in Klein Kussewitz empfahl. Und natürlich hängt die Größe Bentwischs – mehr Einwohner, neue Gewerbe- und Wohngebiete - mit dem Kauf der alten Frohnerei zusammen, denn: Die Gemeinde, die Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiete ausweisen will, sollte auch Flächen für Ausgleichsmaßnahmen vorhalten. So werden dann selbst Grundstücke nutzbar, die sonst aus ökologischen Gründen unangetastet bleiben müssen. Herr Peithmann denkt strategisch.

Wie sieht es derzeit in Bentwisch aus: Im Allgemeinen können wir nicht klagen. Finanziell stehen wir auch aufgrund unseres großen Gewerbegebietes bestens da. Wir können uns was leisten. Das Vereinsleben funktioniert. Wer sich bei uns langweilt ist selber schuld.

Allerdings: Obwohl für Schule und Kita vor wenigen Jahren neu gebaut wurde, stoßen deren Kapazitäten durch die Eingemeindung von Klein- und Groß Kussewitz sowie Volkenshagen schon wieder an ihre Grenzen. Mit dem neuen Wohngebiet hinter der Hasenheide wird die Situation kritisch. 
Der bauliche Zustand der Straßen: Einiges ist in der Pipeline. Aber nehmen Sie mal das Fahrrad und machen Sie eine Tour, beginnend in dem von vielen als Ortsteil von Bentwisch fast vergessenen Neu Bartelsdorf durch das Gewerbegebiet, Groß- und Klein Kussewitz bis hinter Volkenshagen im Nordosten. Da ist noch ne Menge zu tun.
Ein Problem, das, weil größtenteils unter der Erde liegend, nur gelegentlich, aber dann unübersehbar zu Tage tritt: Bei Starkregen saufen wir mittlerweile regelmäßig ab. Teile der Stralsunder Straße werden zum Fluss, die Gullys können die Wassermassen nicht mehr fassen, die sich dann über die anliegenden Grundstücke ergießen. Aus dem Gewerbegebiet und Klein Kussewitz ist ähnliches zu hören.
Die Entwässerung neuer Baugebiete gelingt derzeit nur noch unter Errichtung von Zwischenspeicherbecken und/oder Einbau riesiger Staukanäle, weil die weiterleitenden Gewässer wie Carbäk und Frohnereigraben von den bei Starkregen plötzlich anfallenden Wassermassen überfordert sind. Wohin mit noch mehr Wasser aus noch mehr Industrie- und Wohngebieten mit ihren versiegelten Flächen? Mit der Klimakrise will ich gar nicht erst anfangen.
Der Straßenverkehr, besonders der auf der Stralsunder Straße in Bentwisch, ist schon lange nicht mehr lustig.
Will sagen: Wir stoßen an Grenzen, die jedoch durch weiteres Wachstum nicht überwunden werden, sondern ihre Wirkung verschärfen.

Dass uns das Wasser in die Keller, Garagen und Gärten läuft verhindern wir nicht, indem wir die Bordsteine höher setzen. Das wird ebenso richtig Geld kosten wie die Instandsetzung und Erhaltung unseres durch die Eingemeindung der Ortsteile von Klein Kussewitz erheblich gewachsenen Straßennetzes. Und natürlich müssen wir die Kapazitäten und die Leistungsfähigkeit unserer kommunalen Einrichtungen wie der Schule, der Kita und der Feuerwehr den neuen Anforderungen anpassen. Die freiwilligen Leistungen, an deren Wohltaten wir uns gewöhnt haben, nicht zu vergessen.
Das sind Ausgaben, die sich lohnen, weil sie der Lebensqualität der Menschen in der Gemeinde und der Konsolidierung und Verbesserung unserer Strukturen dienen.
Und natürlich darf Bentwisch wachsen, aber bitte, indem man tut, was – auch vorausschauend - notwendig ist und nicht, indem man Bedarf schafft.

Der privat wirtschaftende Chef einer Firma will Geld verdienen und kann mit seinem Betrieb letztlich machen was er will. Wenn er sich dumm anstellt geht er pleite.
Anders bei einer Kommune. Deren Gemeindevertretung samt Bürgermeister ist dem Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. Machen diese Leute ihrer Arbeit schlecht, werden sie schlimmstenfalls abgewählt. Die Folgen hat dann letztlich die Allgemeinheit zu tragen.
Richtig böse wird’s dann, wenn sich die Ebene der Kommune mit der privater Interessen vermischt.

Wer kann ein Interesse an einer Expansion Bentwischs haben? Natürlich wer damit Geld verdient.
Die ca. 40 000 Quadratmeter des feuchten, in einer Senke liegenden Grundstücks hinter der Hasenheide, dessen Erschließung derzeit läuft und auf dem demnächst Wohnungen entstehen, waren Ackerland in Privathand. Damaliger Wert: ca. zwei bis drei Euro/Quadratmeter. Durch die Umwandlung in Bauerwartungsland/Rohbauland erfuhr es – quasi mit einem Strich - eine Wertsteigerung auf etwa 
50 Euro/Quadratmeter. Was für ein Geschäft!
Meine Schulzeit liegt lange zurück. Da mussten wir auch durch das für mich eher unattraktive Fach „Staatsbürgerkunde“. Meine Alters-
genossen werden sich erinnern: Marx - HIER können Sie nachlesen.

Die Lebensqualität in einer Gemeinde hängt nicht von ihrer Größe und einer überfließenden Kasse ab, sondern in erster Linie vom Geist, der in ihr herrscht, gepaart mit Klugheit!

Groß werden, größer als die anderen! - Schon seit einiger Zeit verhalten wir uns unseren Nachbargemeinden und dem Amt Rostocker Heide gegenüber wie ein junger Kuckuck im fremden Nest – ein Verhalten, das derzeit auch in der großen Politik wieder unselige Einkehr hält. In der Natur ist das so. In der menschlichen Gesellschaft geht es letztlich immer nach hinten los. Und da hinten sitzen die „kleinen Leute“.

Jan Zielke

6 Kommentare:

  1. Cui bono? – die uralte Frage. Als Bentwischer werden Sie die Antwort kennen. Ich kenne sie auch, werde sie aber nicht sagen weil Sie dann diesen Kommentar nicht veröffentlichen.
    Aber vielleicht können Sie mir helfen. Wissen Sie nicht, wie ich Einsicht in die Kataster im Amt bekomme? Ich würde gern mal bei alten Leuten klingeln und nachfragen, ob sie nicht ihre Rente etwas aufbessern möchten.

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    1. Ihre Frage nach dem Zugang zum Kataster ist erkennbar nicht ernst gemeint. Aber schön wäre es schon.
      Ein bedingungsloser Zugang zu Liegenschaftskatastern mit Auskunft über die jeweiligen Eigentümer von Grundstücken machte Kollisionen zwischen Privatinteresse und öffentlichem Amt für jedermann sichtbar.

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  2. Sehr geehrter Herr Zielke,
    ein sehr beeindruckendes Statement, gefüllt mit gutem Hintergrundwissen! Was ist da los in Bentwisch? Was sagen die Gewählten, so der Bürgermeister und die Gemeindevertreter, dazu? Sie lesen doch alle Ihren Blog, sicherlich! Willkürliche Expansion bedeutet oft auch Ruin! Lassen Sie den Bürgern in Bentwisch ihre Lebensqualität bzw. verbessern sie diese! Mein Appell geht an alle Gemeindevertreter und insbesondere an den neuen Bürgermeister!
    Herr Zielke, Danke für Ihr Engagement!

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    1. Ich stimme dem Vorgänger voll zu.
      Nur Gemeindevertreter ?
      Das ist doch nur "Alter Wein in neuen Schläuchen".

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  3. Die LKW die brachial in den Ort einfahren lassen sich gar nicht mehr zählen. Danke Yara!

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  4. Lieber Herr Zielke, was Sie in Ihrem Beitrag fordern, ist nichts anderes als Solidität und Verlässlichkeit. Diese Tugenden sollten erste Grundlage jeden politischen Handelns sein. Aber Tugenden im herkömmlichen Sinne sind für Spekulanten nur dummes hinderliches Zeug.

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